Der Verband unabhängiger Energieerzeuger (VESE) kritisiert das neue Tarifmodell der Centralschweizerischen Kraftwerke AG (CKW), das ab dem 1. Januar 2025 eingeführt werden soll, vehement. Mit einer Reduktion des Netzkostenanteils pro Kilowattstunde um 40 %, kombiniert mit einer fixen Grundgebühr und einem leistungsgebundenen Netztarif, sieht VESE erhebliche Nachteile für Endverbraucher – insbesondere für Betreiber von Solaranlagen.
Ein starres Modell, das Solaranlagenbesitzer benachteiligt
Im Gegensatz zu dynamischen Tarifmodellen, die sich an die tatsächliche Netzbelastung anpassen, wie der Tarif Vario der Groupe E, setzt CKW auf einen monatlichen Spitzenleistungspreis. Dies bedeutet, dass Endkunden bei einer einmaligen hohen Netzbelastung, wie etwa durch den gleichzeitigen Betrieb mehrerer Elektrogeräte, für den gesamten Monat einen zusätzlichen Leistungsaufschlag zahlen müssen. Dieser fällt unabhängig davon an, ob die Belastung zu einer kritischen Netzspitze oder zu einem unkritischen Zeitpunkt erfolgt.
Ein Praxisbeispiel verdeutlicht die Problematik: Wird ein E-Auto zu Beginn des Monats nachts, bei ohnehin geringer Netzbelastung, schnellgeladen und verursacht dabei eine Netzspitze von 22 kW, so zahlt der Besitzer zusätzlich zum Energiepreis CHF 33.- an Netzgebühren. Für den Rest des Monats könnte er das Auto dann ohne weitere Kosten jederzeit laden, selbst zu Spitzenlastzeiten am Mittag. Diese starre Tarifstruktur belohnt also nicht das Verhalten, das die Netzstabilität fördert, und benachteiligt Endkunden unverhältnismässig.
Deutliche Einbussen bei der Amortisation von PV-Anlagen
Besonders gravierend sind die Auswirkungen des neuen CKW-Tarifs auf die Amortisation von PV-Anlagen. Die Reduktion des energieabhängigen Anteils der Netzgebühr um knapp 4 Rappen pro kWh schmälert die Einsparungen durch den Eigenverbrauch erheblich. Für eine typische PV-Anlage im Einfamilienhausbereich führt dies zu jährlichen Mindereinnahmen von etwa 100-150 CHF. Noch problematischer ist die Situation in Zusammenschlüssen zum Eigenverbrauch (ZEV), wo es nahezu unmöglich ist, den gleichzeitigen Energieverbrauch aller Wohnungseinheiten (also ohne Wärmepumpe und E-Mobilität) zu koordinieren.
Alternative Tarifmodelle fördern die Netzstabilität
VESE fordert daher Tarifmodelle, die sowohl die Netzstabilität fördern als auch den Eigenverbrauch für PV-Anlagenbetreiber attraktiv halten. Der Tarif Vario der Groupe E und das innovative TOP-40 Modell der Elektra Jegenstorf sind positive Beispiele, die zeigen, wie dynamisches Demand-Side-Management und flexible Einspeisemodelle effektiv umgesetzt werden können. Solche Modelle, so ergab eine Studie des VSE und der ETH, könnten die postulierten Netzausbaukosten um bis zu 50 % senken.
Energiesparen verliert an Bedeutung
VESE kritisiert, dass das neue CKW-Tarifmodell den sparsamen Umgang mit Strom faktisch bestraft. Durch die Einführung einer fixen Grundgebühr und eines leistungsgebundenen Netztarifs wird der Wert von eingespartem Strom erheblich gemindert. Während bisher das Stromsparen – praktisch die Erzeugung von „Negawatt“ – durch vermiedene Netzgebühren belohnt wurde, reduziert sich diese Ersparnis nun um etwa 4 Rappen pro eingesparter Kilowattstunde.
In Zeiten, in denen das Stromgesetz verbindliche Effizienzsteigerungen vorschreibt, ist es kontraproduktiv, dass freiwilliges stromsparendes Verhalten der Verbraucher weniger belohnt wird. Denn insbesondere Endkunden, die keine automatisierten Steuerungsmöglichkeiten wie Wärmepumpen oder Ladestationen besitzen, orientieren sich eher am Gesamtenergieverbrauch als an einzelnen Leistungsspitzen.
Aufruf zur Überarbeitung des CKW-Tarifmodells
VESE fordert CKW eindringlich auf, ihr Tarifmodell zu überdenken und sich an bewährten, netzdienlichen Ansätzen zu orientieren, die sowohl Endkunden als auch Betreibern von PV-Anlagen zugutekommen. Nur so kann die Energiewende in der Schweiz sinnvoll unterstützt und vorangetrieben werden. |