Newsletter September 2020

Liebe VESE-Mitglieder und Interessierte
Nach einem tatkräftigen Frühling sowie einem ertragreichen Sommer möchten wir Ihnen einen Überblick über unsere aktuellen Stossrichtungen geben. Die Themen dieses Newsletters sind:

  1. Stellungnahmen des VESE zur Revision EnG und StromVV
  2. Rückliefertarife der Elektrizitätswerke
  3. Unrechtmässige Gebühren, follow up

 

1. Stellungnahme des VESE zur Revision EnG und StromVV

Nach 6 Jahren Stagnation wurde 2019 in der Schweiz endlich wieder über 300 MW Photovoltaik verbaut. Mittlerweile sind hierzulande rund 100’000 PV-Anlagen in Betrieb – jedes Jahr kommen gut 14’000 hinzu. Auffällig ist, dass das Marktwachstum primär bei den Einfamilienhäusern stattfindet. Obwohl Grossanlagen mit unter 8 Rp/kWh weit tiefere Stromgestehungskosten haben, wird ihr Potential nicht ausgeschöpft, da kostendeckende Rückliefertarife nicht gesichert sind. Eine hohe Auslastung der Solar-Installateure führt aktuell auch dazu, dass weniger kompetitive Angebote gerechnet werden. In der Schweiz kommen mittlerweile rund 4% der Elektrizität von der Sonne, was nur noch knapp über dem internationalen Mittelwert liegt. Indien hat in wenigen Jahren einen Solarstromanteil von 7.5% erreicht.
Auch in dem sich in Revision befindlichen Energiegesetz wurde dies erkannt, doch leider wurden – aus Sicht von VESE – einige Punkte nicht umgesetzt.
So fordern wir u.a. einen forcierteren Ausbau der Photovoltaik als die geplanten 600 MW / Jahr. Denn um Kernkraftwerke zu ersetzen und CO2-freien Verkehr zu ermöglichen ist bis 2035 eine Erhöhung der Elektrizitätsproduktion aus erneuerbaren Energien um 40 TWh nötig, sinnvoll und machbar. Aus der Perspektive der althergebrachten Schweizer Strombranche mag es ambitioniert klingen, dass in 15 Jahren jede zweite kWh aus einem neuen Kraftwerk kommt. Die internationale Entwicklung zeigt jedoch, dass eine Verzehnfachung vom Photovoltaik-Zubau innert 10 Jahren weder ausserordentlich noch unmöglich ist.

Wenn es darum geht, neue Kraftwerkskapazitäten aufzubauen, sollte nicht der aktuelle Kohlestrom-Preis am europäischen Strommarkt als Vergütungs-Referenz dienen, sondern die günstigsten Gestehungskosten von neuen inländischen Kraftwerken. Bis 2008 gab es einen solchen schweizweit einheitlichen Einspeisetarif um 15 Rp/kWh, orientiert an neuen Kleinwasserkraftwerken. Heute ist Photovoltaik mit unter 10 Rp/kWh die günstigste Option zum Ausbau der Elektrizitätsproduktion in der Schweiz. Ein schweizweit einheitlicher, minimaler Rückliefertarif wäre in unseren Augen sinnvoller als die im Energiegesetz vorgesehenen höheren Investitionsbeiträge: Bis zu 60% “Subvention” erwecken den Eindruck, dass Photovoltaik nicht konkurrenzfähig sei. Doch auch damit wären die Anlagen immer noch nicht investitionssicher, im Gegensatz zu einem minimalen Rückliefertarif oder einem, ebenfalls von uns vorgeschlagenen, CfD-Modell.
Die geplanten Investitionsbeiträge in Form von Ausschreibungen eignen sich, wenn überhaupt, für grosse Freiflächenanlagen, aber nicht für die Schweizer Dachlandschaft. Denn Dach-Neubauten und Dachsanierungen werden im normalen Bauzyklus entweder mit PV belegt oder nicht. Dass hier Bauherren noch auf Ergebnisse von Ausschreibungen warten, ist unrealistisch. Eher wird dann keine PV gebaut werden und damit wäre das Dach dann für die nächsten 30 Jahre “verloren”.

Unsere vollständige Stellungnahme zum EnG kann hier heruntergeladen werden.

Bei der Vernehmlassung der Stromversorgungsverordnung StromVV hingegen standen primär die Smart Meter im Fokus. Leider wurde es auch in dieser Revision verpasst, einheitliche und langfristig stabile Schnittstellen festzuschreiben. Genau dies schlagen wir in unserer Vernehmlassungsantwort zur StromVV vor. An dieser Stelle wollen wir auch Hermann Hüni danken, welcher die Punkte der Vernehmlassung zusammengetragen und beschrieben hat.

2. Rückliefertarife der Elektrizitätswerke

In den letzten Wochen und Monaten haben wir vermehrt fragende und enttäuschte Rückmeldungen von unseren Mitgliedern bezüglich der Rückliefertarife erhalten, und zwar in erster Linie aus dem BKW Gebiet sowie den zur BKW gehörenden Netzgebieten von Onyx und AEK. Was ist der Grund? Die BKW hat per 1.1.2020 eine neue Berechnung des Rückliefertarifs eingeführt, in welchem jeweils erst nach Ende des Quartals der durchschnittliche Spotpreis des vergangenen Quartals berechnet und dieser dann vergütet wird.
Im Umfeld der seit 2019 stark gefallenen Spotmarktpreise in Europa und in der Schweiz sind nun somit die Vergütungen der BKW für die Energie ebenfalls proportional zurückgegangen, und zwar von noch 5.68 Rp/kWh im 2018 auf nur noch 2.0 Rp/kWh im zweiten Quartal 2020.
VESE hat bereits Anfangs Jahr anlässlich einer Sitzung mit der BKW Geschäftsleitung dieses Modell als zu volatil und auch als nicht dem Geist des Energiegesetzes entsprechend kritisiert. Die BKW ging jedoch, auch bei einem zweiten Treffen zum gleichen Thema im August, bisher noch nicht auf die Argumente von VESE ein.
Die Problematik ist folgende: rechtlich ist es mit der heutigen Gesetzeslage vermutlich schwierig, Netzbetreiber dazu zu zwingen, hohe Vergütungen zu bezahlen. Durch die Revision der Stromversorgungsverordnung hat der Netzbetreiber zwar nun offiziell die Möglichkeit, den Strom aus PV-Anlagen zu mindestens 7.2 Rp/kWh für neue Grossanlagen >100 kVA, und zu mindestens 11 Rp/kWh für alle kleineren Anlagen (Preise entsprechen 80% des aktuellen KEV-Ansatzes bei grossen Anlagen, sowie 80% des Ansatzes aus 2017 bei kleinen Anlagen), zu vergüten und in die Grundversorgung einzuspeisen. Ob er diesen Spielraum aber auch ausnutzt, ist jedoch die freie Entscheidung des Netzbetreibers bzw seiner Besitzer, der Kantone und Gemeinden.
VESE bedauert an dieser Stelle ausdrücklich, dass noch viele Netzbetreiber diesen vom Bund eigens für die Förderung der einheimischen erneuerbaren Energien geschaffenen Spielraum nicht oder nur unvollständig ausschöpfen, obwohl sie so ganz einfach und ohne eigenen Aufwand die Möglichkeit hätten, die von den privaten Anlagenbetreibern vorangetriebene Energiewende tatkräftig zu unterstützen.
VESE bleibt an diesem extrem wichtigen Thema selbstverständlich weiter dran und kämpft in Gesprächen, bei Veranstaltungen, in den Vernehmlassungsantworten und mit seiner Vergleichsseite www.pvtarif.ch weiterhin für kostendeckende und faire Vergütungen.
Dass unser Vorgehen auch etwas bewirkt zeigt das jüngste Beispiel der Sanktgallisch Appenzeller Kraftwerke SAK – auch hier sind wir seit langem im konstruktiven Kontakt und freuen uns sehr, dass die SAK auf 1.1. 2021 die Rückliefertarife deutlich erhöhen werden: neu wird allen Anlagenbetreibern angeboten, die HKNs zu einem Fixpreis abzunehmen. Das neue Angebot ist recht gut, mit 5.53 Rp/kWh für die Energie + 2.9 Rp/kWh für den HKN, d.h. mit total 9.43 Rp/kWh liegt die Gesamtvergütung der SAK nun sogar leicht über dem Schweizer Mittelwert von 2020.

 

3. Unrechtmässige Gebühren, follow up

Im Februar 2020 haben wir via Medien und Newsletter über  unrechtmässige Gebühren informiert, welche gewisse Verteilnetzbetreiber Produzenten von Solarstrom verrechnen. Gemäss der Eidgenössischen Elektrizitätskommission ElCom sind solche Gebühren nicht mehr zulässig und sind rückwirkend auf Juni 2019 zurückzuerstatten. Es gab ein grosses Medienecho und viele Rückmeldungen von VESE-Mitgliedern über solche Gebühren gingen bei uns ein. Der VESE hilft bei solchen Vorfällen, die Rückzahlung der Elektrizitätswerke zu erwirken und konnte so in Gesprächen mit einigen Elektrizitätswerken die juristische Situation aufzeigen. Sollten Sie auch weiterhin irgendwelche Produktions-, Ablese- oder Zählergebühren bezahlen, so können Sie sich gerne an uns wenden: info@vese.ch.

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