Groupe E setzt ab 2025 auf Markttarife – trotz anderslautender Rechtslage
Am 20. November veröffentlichte der Bundesrat das erste Verordnungspaket zum Mantelerlass. Darin wird klar geregelt, dass die Abnahme- und Vergütungspflicht der Verteilnetzbetreiber im Jahr 2025 weiterhin dem bisherigen Regime folgt. Trotzdem führen einzelne Vertreter jetzt schon Marktpreise, die sogar gemäss Gesetz nur als Rückfallebene gelten, ein.
Neue Regelungen ab 2026: Gestaltungsfreiheit mit Rückfallebene für Rückliefertarife
Gemäss dem neuen Energiegesetz ändert sich die Abnahme- und Vergütungspflicht für den Solarstrom unabhängiger Produzenten ab 2026. Nach wie vor gilt, dass Verteilnetzbetreiber Gestaltungsfreiheit haben. Das Gesetz ermöglicht problemlos, einen stabilen, ganzjährigen Rückliefertarif anzubieten. Nur als Rückfallebene kommt ein vierteljährlich marktpreisbasierter Rückliefertarif zum Zuge.
Rechtslage und Praxis: Sind im Jahr 2025 Markttarife für Rücklieferungen zulässig?
Die Netzbetreiber BKW und CKW haben das Modell der quartalsweisen Marktpreise bereits vor Jahren eingeführt. Sie begründeten dies damit, dass diese Preise ihrem Einkaufspreis für Strom entsprechen. Diese Argumentation stützte sich auf Artikel 15 des Energiegesetzes (EnG), der festlegt, dass sich die Vergütung für erneuerbare Energien an den vermiedenen Kosten des Netzbetreibers für die Beschaffung gleichwertiger Energie orientiert.
Seit der Annahme des Mantelerlasses am 9. Juni plant auch die Groupe E, ab 2025 nur noch den Marktpreis zu vergüten. Dabei stellt sich die Frage, ob dies überhaupt zulässig ist. Die Groupe E kann ihren Strombedarf für die Grundversorgung mit eigenen Anlagen nicht decken. Dies legt nahe, dass sie ihren Strom strukturiert einkaufen. Nach dem bisherigen Artikel 15 des EnG, der auch 2025 noch gilt, müsste der Rückliefertarif jedoch den tatsächlichen Kosten für den eingekauften Strom entsprechen, was sicherlich nicht dem Marktpreis gleichkommt.
Fixe Strompreise für Kunden versus variable Rückliefertarife
Unverständlich für viele Prosumer ist, warum der einzelne Kunde der Versorgungsunternehmen über das ganze Jahr denselben Strompreis bezahlen soll, während ihm für den Strom aus der PV-Anlage ein variabler Preis und im Sommer fast nichts mehr vergütet wird. Immerhin hat Groupe E auf diese Diskrepanz reagiert und führt ab 2025 ein optional variables Bezugstarifsystem ein.
Gemäss Groupe E spiegelt der vierteljährliche Marktreferenzpreis für die Einspeisung die Entwicklung von Stromangebot und -nachfrage wider. Dieser Tarif generiere keine Gewinne für Groupe E und sei ein faires Modell. Das Unternehmen zahlt den Stromerzeugern den Preis, den das Unternehmen selbst auf dem Markt erziele. Zusätzlich führt Groupe E bereits Minimaltarife ein, die der Bund aber erst im Q1 2025 für die 2026 gültigen Verordnungen festlegen wird. Der Preis für den Herkunftsnachweis wird von 3 auf 4 Rp/kWh angehoben. Dieses Modell ersetzt die bisher von Groupe E praktizierte Festpreisvergütung, in 2024 liegt diese bei 14.45 Rp/kWh (11.45 Rp/kWh für Energie und 3 Rp/kWh für den Herkunftsnachweis).
Andere Netzbetreiber halten sich an das gültige Gesetz
Andere Netzbetreiber hingegen setzen weiterhin auf einen festen Tarif für das ganze Jahr. So zum Beispiel die Services industriels de Lausanne, die 14.2 Rp/kWh anbieten für Anlagen bis 30 kWp und sich sogar verpflichten, bis 2032 einen Mindestübernahmepreis von 10 Rp/kWh zu garantieren, um Sicherheit für Investoren zu schaffen.
Diverse Energieversorger haben ihre Rückliefertarife für 2025 jedoch noch nicht publiziert und es ist zu hoffen, dass sich diese an die noch gültige Verordnung des EnG halten werden. Zudem ist allen Netzbetreibern freigestellt, auch ab 2026 einen höheren Preis für die Rücklieferung zu bezahlen, der gemäss EnG auch in die Grundversorgung gerechnet werden kann. Das kann sogar politisch vorgegeben sein, ein Beispiel dafür ist die baselstädtische Energieverordnung, in der seit 2017 ein fixer Tarif von 14 bzw. 11 Rp./kWh während zwölf Jahre verankert ist. Auch die Netzbetreiber EKZ, SIG und diverse andere bezahlen weiterhin mehr als den Marktpreis.
Einführung der Marktpreise destabilisiert PV-Zubau
Für SSES und VESE steht die Politik der massiven Senkung der Einspeisetarife im klaren Widerspruch zur Schweizer Energiewende, die einen weiteren enormen Ausbau der Solarstromproduktion erfordert. „Die Einführung variabler Tarife führt zur Unsicherheit und gefährdet Investitionen in Photovoltaik-Anlagen“, so Vertreter der Organisationen. Es sei nicht der richtige Zeitpunkt, den Markt für Solaranlagen mit unvorhersehbaren und alle drei Monate wechselnden Tarifen zu destabilisieren.
VESE erachtet es als problematisch, dass Groupe E die Eigentümer dazu anhält, die Grösse der Solaranlagen zu reduzieren, um weniger den Marktpreisen ausgesetzt zu sein. Dies führt zu teilbelegten Dächern, welche kontraproduktiv für die Energiewende und weder ökologisch noch volkswirtschaftlich sinnvoll sind. Denn eine Teilbelegung verursacht dieselben Fixkosten (Akquise, Planung, Gerüst) wie eine Vollbelegung. Zudem ist solch ein „teilbelegtes Dach“ für die nächsten dreissig Jahre für die Energiewende verloren.