PV & Dachbegrünung

Die oberste Dachschicht soll nicht brennbar sein, und auch zur Beschwerung werden Flachdächer bekiest oder mit Substrat begrünt. Für eine Dachbegrünung spricht neben Aspekten der Biodiversität und Ästhetik auch eine Rückhaltung des Regenwassers. Nur 30-50% vom Regenwasser muss via Dachwasserabläufe abgeführt werden (Kiesdach 95%), der Rest verdunstet und führt zu einer tieferen Dach-Temperatur, d.h. weniger Kühlbedarf im Gebäude. Wenn an heissen Sommertagen auf dem Dach statt 80°C nur 30°C herrschen, kann eine Solarstromanlage dort mehr Strom produzieren; gemäss Versuchen 3-4% Mehrertrag übers Jahr. Diesem Symbiose-Potential stehen aber auch Herausforderungen gegenüber. Gründächer haben einen erhöhten Wartungsaufwand – insbesondere um PV-Anlagen. Der PV-Betreiber muss Beschattung durch hochwachsende Gräser vermeiden.

Bereits an der VESE Frühlingstagung 2015 wurde die Bedeutung von Gründächern im Zusammenspiel mit Solarstromanlagen thematisiert.

Links:

Präsentation ZHAW/Brenneisen Symbiose PV mit Gründach an VESE Tagung April 2015

Gründach-Empfehlungen Stadt Basel, mit Hinweisen zu Solaranlagen

Präsentation1 Praesentation2

 

Welche Herausforderungen sind bei PV-Anlagen auf begrünten Dächern zu berücksichtigen?

(1-)2x jährlich Pflege / Mähen zwischen den Modulreihen nötig

Kosten-Abgrenzung gegenüber üblicher Dachwartung; je nach Problematik Gründach-Unterhaltskosten 0.5 bis 5 Rp/kWh (z.B. 2 Mann 3 Tage = 6000 CHF für 50 kWp-Anlage)

Links:

Präsentation Tecton Pflegeintensive PV-Dächer an VESE Tagung April 2015

Präsentation Basler-Hoffmann Betriebskosten an Swissolar-Tagung März 2015

 

Beispiel 25 kWp-Anlage auf Mehrfamilienhaus:

2014-10-01 09.55.51 pvgruenertrag

Die PV-Anlage wurde im Mai auf einem (zurückgeschnittenen) Substrat-Dach montiert. Das Bild links zeigt die Situation bei der ersten Dachbegehung im Oktober. Im Vergleich zu einer vergleichbaren Ost-West-Anlage auf einem Kiesdach hat die Anlage im August 8% und im September 12% weniger produziert. Der Minderertrag auf dem Kiesdach im Juli könnte mit der kühlenden Wirkung vom Gründach erklärt werden; der Minderertrag durch Beschattung auf dem Gründach dominiert jedoch. Das Grün wächst aufgrund der guten Wasserversorgung besonders stark direkt vor den Modulen; unter den Modulen wächst nur wenig.

Für die Pflege im Herbst stellt die Dachunterhaltsfirma 500 CHF in Rechnung; das sind 2 Rp/kWh auf die Jahresproduktion umgerechnet oder 4 Rp/kWh auf 1/2 Jahr. Im Mai vom Folgejahr ist das Grün zwischen den Modulen bereits wieder hochgewachsen, weshalb es im Juni und wieder im September geschnitten wird. Neu übernimmt der Hauswart die Kontrolle.

Auf den Einsatz von Herbizid/“Gift“ ist möglichst zu verzichten bzw. auf dessen Verträglichkeit mit der Dachabdichtung und der Umwelt zu achten, insbesondere wenn das Dachwasser ins Grundwasser oder Oberflächenwasser gelangt.

Für 5’000 CHF hätte vor dem PV Aufbau das Substrat abgesaugt und durch Kies oder Schutzmatte ersetzt werden können. Die Zusatzinvestition hätte sich in der Hälfte der Lebenszeit amortisiert, hätte jedoch ein Verlust an Biodiversität und Regenwasser-Retention auf dem Dach bedeutet.

 

Was ist beim Bau einer PV-Anlage auf einem bestehenden Gründach zu beachten?

Die Substratschicht ist dünn zu halten (max. 5…7 cm vor/zwischen den Modulen); dies erlaubt jedoch nur eine Wasserretension von 15 l/m2 statt idealen 30 l/m2 und nur eine extensive, tiefe Vegetation (Moose, Sukkuleten). Die geringe Substratstärke reicht anderseits kaum zur Beschwerung aus, wenn die PV-Modul-Unterkante 15-30 cm über der Begrünung sein soll und somit die Konstruktion mehr Windangriffsfläche bieten.

Ev. Substratschicht reduzieren (mit Retentionsfunktion abzustimmen), Grünzeug vor PV-Aufbau entfernen.

 

Variante A) Starkes, durchwuchsfestes Flies unter dem Modulfeld; ev. vollflächige Abdeckung mit Blech-Unterkonstruktion. Letzteres birgt anderseits das Risiko, dass das Zurückschneiden noch schwieriger handhabbar wird, wenn doch etwas durch die Lüftungslöcher durchwächst.

Die Blech-Unterkonstruktion überzeugt durch geringe Dachbelastung und hohe Nutzungsdichte (<25 kg/m2, 90 MWh/Jahr auf 1000 m2). Das Grün kommt jedoch nur noch in frei gehaltenen Randbereichen zur Geltung, die Retentionsfunktion kann beeinträchtigt sein.

A) Dicht & AerodynamischB) Gründach-Aufständerung
Plia Sol S

Plia Sol S

Quelle: Zinco

Quelle: Zinco

Gewicht <25 kg/m2
Neigung 7° bis 10°
Aufbauhöhe <30 cm
Auf 1000 m2 ca. 100 kWp bzw.
90 MWh/Jahr
Gewicht >100 kg/m2
Neigung 15° bis 30°
Aufbauhöhe >40 cm
Auf 1000 m2 ca. 62 kWp bzw.
60 MWh/Jahr
Richtpreis Unterkonstruktion 40 CHF/m2 bzw. 350 CHF/kWpRichtpreis Unterkonstruktion 50 CHF/m2 bzw. >500 CHF/kWp
Solventure (Entwicklung & Installation)Zinco (mit Planungshilfe)
Pliasys (Süd- und Ost-West-Montagesystem)OptiGrün SunRoot
Solventure Superleggera black

Solventure Superleggera black

Quelle: OPTIGRÜN

Quelle: OPTIGRÜN

Variante B) Das Gründach kann sich unter speziell hoch aufgeständerten Modulen entfalten. Dies bedingt jedoch:

  • mehr Windangriffskräfte, mehr Gewicht (>100 kg/m2)
  • reduzierte Nutzungsdichte (ca. 60 MWh/Jahr auf 1000 m2)
  • Erhöhter Montageaufwand, ggf. Substrat umschaufeln

 

 

Wie ist ein neues Dach mit PV-Anlage und Gründach zu planen?

Bei der Planung vom Dachaufbau bzw. der Regenwasser-Retention ist die PV-Anlage mit zu berücksichtigen.

 

A) Unter der PV-Anlage nur wenn nötig Retentions-Material vorsehen, aber keine Begrünung. Solarstromproduktion auf ideale Fläche konzentrieren; Begrünung nach Wunsch daneben (z.B. grosszügiger Dachrandabstand oder auf teilbeschatteter Fläche)

 

B) Verwendung eines abgestimmten PV-Gründach-System (Zinco, Optigrün o.ä. – Planungshilfe beachten)

 

C) In Entwicklung: Bi-faciale PV-Module senkrecht aufständern.

Link: Präsentation Andreas Dreisiebner von Solarspar, Mai 2016

Die Sonne scheint von Osten und Westen auf die beidseitig nutzbaren PV-Module, die mit entsprechend grossem Reihenabstand montiert werden. So entsteht keine Stromproduktions-Spitze in der Mittagszeit. Ob die beidseitige Besonnung zu ähnlichen Jahreserträgen wie bei einer Südausrichtung führt, wird aktuell mit einer Versuchsanlage verifiziert. Wirtschaftlich zu prüfen sind die Kosten der speziellen Konstruktion und die erzielbare Nutzungsdichte. In den breiten Zwischengängen kann unter umständen ein Mäh-Roboter eingesetzt werden. Untersucht wird ebenfalls, inwiefern eine gewisse Bepflanzung bzw. helle Dachoberfläche den Solarertrag durch Reflexion erhöht.

senkrechtPV1

Quelle & Kontakt: Andreas Dreisiebner, a777@solarspar.ch